Shopping oder Personal Shopping?
Warum dein Einkaufserlebnis so oft unbefriedigend bleibt – welches System ich empfehle, und warum ich als Style Coach niemals mit dem Personal Shopping starten würde.
Bei einem Unternehmerinnen-Frühstück wurde ich kürzlich von einer der Anwesenden prophylaktisch darauf hingewiesen, dass sie bereits ein Style Coaching gemacht habe – und zwar noch ehe sich überhaupt ein ganz normales Gespräch zwischen uns beiden hatte entwickeln können.
Meine interessierte Reaktion darauf war: „Und wie sah das aus, wie lief das ab?“ Die Frau erwiderte: „Ich habe die Personal Shopperin nach Berlin einfliegen lassen.“ Auf meine Frage, was sie von diesem Beutezug von vor zwei Jahren noch im Schrank habe, überlegte sie lange und meinte: „Tja, ich denke, nur noch einen Cardigan!“ Den Rest behielt ich dann für mich. Ich dachte mir, die ganze Aktion klingt nicht sonderlich nachhaltig. Sie konnte es auch gar nicht gewesen sein.
Ich halte es für essenziell, meine Kundinnen und Kunden zum Zeitpunkt des Shoppings bereits richtig kennen gelernt zu haben. Erst auf der Basis kann ich überhaupt wissen, welche Shops und Brands geeignet wären.
Und deshalb findet vor dem Shopping eine ausführliche Farb- und Stilanalyse statt. Auch der Kleiderschrank-Check findet vorher statt.
Shoppen gehen ist eine intime Sache. Ich empfinde es deshalb als vorteilhaft, den Kleiderschrank meiner Kundin oder meines Kunden zuvor gesehen zu haben. Diese Session ist für viele eine echte Überwindung, denn im Kleiderschrank steckt einfach unser Leben: Erinnerungen, Spontankäufe, viele Teile, die nicht mehr passen, Stücke, die noch ein Preisschild tragen.
Ich sehe oft überfüllte Kleiderschränke. Ungefähr 30 Prozent werden getragen, der Rest verstellt eigentlich nur den Blick. Dadurch fühlen sich die meisten morgens vor dem Schrank überfordert und ziehen einfach immer dasselbe an. Für neue Kombinationen ist da keine Zeit. Absolut verständlich.
Dieser Schritt des Kleiderschrank-Checks ist also notwendig. Zu Beginn bin ich sehr vorsichtig und doch ist am Ende der Session der gesamte Schrankinhalt konsequent auf zwei Haufen verteilt: Kann weg, kann kombiniert werden. Und nun darf das Personal Shopping beginnen.
In Outfits denken
Wir haben beim Shoppen den noch brauchbaren Inhalt des Kleiderschranks immer im Hinterkopf. Es werden also einzelne Teile mitgenommen, um schöne Kombinationen entdecken zu können.
Das ist auch ein Tipp, für alle, die allein losziehen: In Outfits zu denken. Ich empfehle außerdem gern, verschiedene Schuhe zum Shoppen mitzunehmen. Denn Schuhe gehören nun mal zum Outfit. Beim Hosenkauf ist das auf jeden Fall ein absolutes Muss. Ein nächster Punkt ist mir als Identity Stylistin noch sehr wichtig:
Das Cost per Wear-Prinzip. Das Kleid für die Silvester-Party ist ein typisches Beispiel einer Outfit-Eintagsfliege.
Und das ist nicht das einzige Beispiel. Gern wird ein teures Teil gekauft und nie wieder getragen. Beim nächsten Wintermantel hingegen wird gespart, obwohl dieser über Jahre an allen kalten Tagen getragen werden soll. Auf den einzelnen Tag gerechnet, könnt ihr euch natürlich denken, welcher Kauf effizienter und nachhaltiger war.
Meine Kundin Theresa ließ sich bei einem jungen Berliner Designer aus neoprenartigem Stoff das Hochzeitskleid auf den Leib schneidern. Umwerfend schlicht, schlicht umwerfend. Das Ziel: Dieses Kleid darf sie im Leben auch weiterhin begleiten. Sie trägt es nun auch auf anderen Events. Warum auch nicht. Es passt perfekt und hat nicht den typischen Brautlook. Dadurch ist es wandelbar, gerade in Verbindung mit anderen Accessoires. Auf dem Roten Teppich von Cannes hat es schon seinen nächsten Auftritt. Das Cost per Wear-Prinzip ist so simpel wie nachvollziehbar. Es zu beherzigen, verändert auch bei den Ausgaben für Alltagskleider den Blick auf die Qualität eines Kleidungsstücks.
Ich bin immer für ein Weniger an Quantität, zugunsten wertiger, guter Materialien. Qualität und der richtige Stil, das ist auch bei Accessoires ein Thema, insbesondere bei Brillen.
Die Brille ist ohnehin ein heißes Eisen. Die Brille muss zu 100 Prozent zum Stil passen. Wenn sie zu bieder, zu extravagant, zu laut, oder was auch immer ist, dann kann die Kleidung eigentlich gar nichts mehr richten. Ja, so eine Macht hat die Brille.
Und noch ein spezieller Shopping-Tipp für Berlin: Es gibt in der Hauptstadt mittlerweile gute Curvy Concept Stores. Sie starten auch schon bei Größe 42.
Einer davon ist der Les Soeurs Shop in Charlottenburg. Hier versteht man es, Kurven wunderschön zu kleiden, hier kennt man die Themen der Frauen, hier orientieren sich die Schnitte an den Bedürfnissen der Frauen. Frische Farben, spannende Accessoires. Nichts erinnert mehr an die unwürdigen XXL-Läden von früher. Hier fühlen sich meine Kundinnen verstanden, endlich, denn landet man in den falschen Läden mit einer großen Oberweite kann es schon passieren, dass die Bluse vor dem Spiegel aufspringt. Das ist alles andere als ein schönes Shoppingerlebnis.
Oft ist die Ursache freilich auch die Unkenntnis über die eigene Größe.
Tatsächlich geht das vielen Frauen und Männern so. Onlinehändler beschreiben, dass manchmal gleichzeitig Größe S und XL bestellt wird. Mit dem Ergebnis, dass dann alles frustriert wieder zurückgeschickt wird.
Die Grundlage ist also das genaue Wissen um das, was man wirklich braucht, welche Farben, Muster, Stoffe und Schnitte, welche Größe, Accessoires und so weiter. Spannend kombiniert, auf das eigene Leben und die individuellen Bedürfnisse ausgerichtet, so soll es am Ende sein. Shopping kann so richtig viel Spaß machen. Mein unabhängiger Blick auf dich ist daher deine sinnvolle Investition fürs Leben.